In den frühen Morgenstunden des 26.
April 1986 kam es im sowjetischen AKW Tschernobyl zur bisher grössten
zivilen Atomkatastrophe. Bei einem Sicherheitsexperiment war es im
Vierten Reaktorblock zur Explosion gekommen. Dabei gelangten hoch
radioaktive langlebige Isotope wie Strontium-90 und Cäsium-137 in
die Athmosphäre.
Text und Fotos: Paul Flückiger
Die gerade herrschenden Nordwinde trugen
diese vor allem nach Weissrussland, wo infolge der von der Moskauer
Sowjetführung künstlich erzeugten Regenfälle zu 72 Prozent auf dem
Gebiet der Weissrussischen SSR niedergingen. Derweil liessen die
Sowjetbehörden die einfache Bevölkerung tagelang im Ungewissen über
das Ausmass der Katastrophe. Von Tschernobyl selbst und der nahen
Stadt Pripjat wurden die Arbeiter und ihre Familien am nächsten Tag
zwangsweise evakuiert.
In der Folge wurden in einem Umkreis von bis
zu rund 200 Kilometern mindestens 200000 Sowjetbürger evakuiert.
Glücklicherweise blieb indes die nahe ukrainische Haupt- und
Millionstadt Kiew von den radioaktiven Winden weitgehend verschont
.So genannte Liquidatoren gossen derweil in dem havarierten AKW in
206 Tagen 300 000 Tonnen Beton auf den Vierten Reaktorblock, um so
das weitere Austreten der Radioaktivität zu unterbinden. Inzwischen
ist dieser erste Sarkophag allerdings leck geworden. Unter der
Führung der Europäischen Bank für Entwicklung in London wird seit
über zehn Jahren eine Metallhülle erreichtet, die voraussichtlich
2017 über den alten Sarkophag geschoben werden soll.
Das Ende dieser
Sicherungsmassnahmen wurde indes wegen Geldmangels und politischen
Unwägbarkeiten in der Ukraine seit 2011 immer wieder verschoben. Die
Zahl der Todesopfer von Tschernobyl ist in Fachkreisen umstritten.
Direkt an der Strahlendosis von Tschernobyl gestorben sind offiziell
29 Personen. Die Zahl der indirekten Strahlenopfer unter der von den
radioaktiven Wolken betroffenen Einwohnern reicht von 4000 (gemäss
WHO) bis weissrussischen Hochrechnungen, die von 200000 Toten
sprechen. (flü, Homel/Warschau)
Tschernobyl, eine traurige Stadt der Ukraine |
Das Heimweh trieb sie zurück: Zu Besuch bei zwei betagten Frauen, die inder Todeszone von Tschernobyl ausharren
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