Polens tiefliegende katholische Wurzeln erlaubten einen Mann mehr fuer sein Land zu tun, als menschenmoeglich war. Viele Polen erinnern sich an die Ereignisse, welche der Wahl von Johannes Paul II in den Vatikan im Jahre 1978 folgten - seine erste Pilgerreise nach Polen im Juni 1979 und der Fall der Berliner Mauer zehn Jahre spaeter.
Fot. gugulskim.salon24.pl
"Lass Deinen Geist herabkommen.
Lass Deinen Geist herabkommen
und erneuere das Antlitz der Erde,
dieser Erde."
Papst Johannes Paul II - Warschau, 2. Juni 1979
"Wie viele Divisionen hat der Papst?"
Joseph Stalin's beruehmte Frage, waehrend der Potsdammer
Konferenz im Jahre 1945 gestellt, galt als verachtende Reaktion auf
Winston Churchill's Bemerkung, dass die kommunistische Machtuebernahme in
Polen nicht dem Geschmack des Papstes entsprach.
Die richtige Antwort auf Stalin's Frage folgte viel spaeter,
Jahre nach dem Tod des sowjetischen Diktators, als die ganze polnische Nation
hinter dem Papst stand. Sicherlich haetten die aufregenden Ereignisse in
den achtizer Jahren in Polen und im Jahr 1989 in Osteuropa, ohne die
Katalysatorrolle von Johannes Paul II nicht stattgefunden.
Der Soziologe Janusz Reykowski, ein ehemaliger Vetreter des kommunistischen Regimes sowie Protagonist des sogenannten polnischen
"Runden Tisches" im Fruehling 1989, sagt "der erste Stein
aus der Berliner Mauer" sei von Johannes Paul II waehrend seines Besuches in
Warschau in seiner neuen Funktion im Jahr 1979 entfernt worden. "Zum
ersten Mal hatten sich solche Menschenmassen selbst organisiert, sie
sind unter dem eigenen Banner zusammengekommen. Zum ersten Mal hatten sie
festgestellt, wie zahlreich wir sind!". Die Ereignisse der achtziger
Jahre - die Streiks in Danzig und der Beginn von Solidarność - waren "die
Konsequenz der Veraenderung der Mentalitaet der Leute", erklaert Reykowski
im Interview.
Michael Reagan, der Sohn des frueheren US-Praesidenten, sagt
"die Berliner Mauer ist herabgestuerzt und Osteuropa ist aus dem eisernen
Vorhang hervorgekommen" dank Johannes Paul II, seinem Vater und Margaret
Thatcher - "der Phalanx welcher ein Stachel durch das Herz der Sowjettyrannei rammte."
Johannes Paul II hatte keine Militaerdivisionen, aber er hatte
eine riesige Armee von Menschen, welche sich nach Freiheit sehnten und welche
seine Nachricht weitertrugen, dass sie vereinigt die Ueberhand gegen einen Herrscher mit
enormen Streitkraefte gewinnen koennten. Die Unterdrueckerkraefe stellten
sich schliesslich gegenueber dem Volkswillen mit seiner "Entschlossenheit und Willensstaerke"
als hilflos heraus, schreibt Michael Reagan und erinnert sich an den
beruehmten Satz von Stalin.
"Lass den Geist herabkommen..."
Buerger erinnern sich an die Wahl des Papstes. Agata Stachowiak,
eine 47-jaehrige Warschauerin, erinnert sich sehr gut an den 16. Oktober 1978.
An diesen Tag wurde Karol Wojtyla unerwartet zum Pontifex Maximus des Vatikans
gewaehlt. "Alle in den Strassen waren gluecklich" erinnert sie sich.
"Aber die Gesichter der Fernsehsprecher waren anders - diese waren traurig,
als ob sie ueber ein Begraebnis berichten mussten."
Tatsaechlich war dies der Beginn des Ende des Kommunismus.
Lech Walesa, der fruehere Solidarność Anfuehrer und der erste nicht
kommunistische polnische Praesident nach dem Krieg, sagte in einem Interview
mit der Europolityka.pl, dass der Heilige Vater den Aufschwung der
Nation zu 50 Prozent beeinflusste.
Aber im Jahre 1979 waren noch keine revolutionaere Worte
vorhanden, sagt Tomasz Lorek, ein damaliger junger Student. Wie die Mehrheit
der Polen, erinnert sich Lorek an einen Satz des Papstes. Vor einer jubelnden
Menschenmasse am - Nomen Omen - Siegesplatz in Warschau stehend, betete der
Heilige Vater: "Lass Deinen Geist
herabkommen. Lass Deinen Geist herabkommen und erneuere das Antlitz der Erde, dieser Erde".
Kurz danach flog der Papst in den Vatikan zurueck. Die Kommunisten
in Polen und in der Sowjetunion konnten frei atmen. Aber der Satz des Papstes
sank tief in die polnischen Seelen ein.
Geburt von Solidarność
Lech Walesa erinnert sich auch sehr gut an diese Tage: "Fast
die ganze Nation hat an diesen Treffen teilgenommen. Der Papst sagte nicht
"stuerzt den Kommunismus", aber er machte solche Andeutungen, dass wir begannen, nachzudenken. Bis der Heilige Vater kam, konnte
ich nur 5-10 Leute in einem 40- Millionen Land finden, um den Kommunismus zu
bekaempfen. Und dann, ploetzlich, nach der Pilgerfahrt des Papstes in Polen,
konnte ich 10 Millionen Leute in einem Jahr versammeln," sagt Walesa.
Jan Gorski aus Warschau war 57 als er wie fast jeder Erwachsene Solidarność, der von Walesa gefuehrten Gewerkschaft, beitretten wollte.
"Nach Jahrzehnten begannen wir wieder zu hoffen", erinnert sich
Gorski, ein frueherer polnischer Soldat welcher im 2. Weltkrieg gegen die
Deutsche Armee in Frankreich und Italien kaempfte.
Im Herbst des Jahres 1980 wurde Solidarność als erste nicht kommunistische Gewerkschaft in Osteuropa und eine grosse vereinigte Widerstandkraft
geboren. Johannes Paul II war bereits weit weg im Vatikan aber er beobachtete
die Geschehnisse sehr genau.
"Vielleicht ist der Moment gekommen", erzaehlte er seinem
Privatsekretaer Stanislaw Dziwisz, als er die Massen der Arbeiter der Danziger
"Lenin Werft" beobachtete. Nach einer Weile ergaenzte Johannes Paul
II: "So etwas hat es noch nie gegeben: Dass die Arbeiter im Interesse
einer richtigen Angelegenheit reagieren, dass sie gegen den Missbrauch
der Arbeiterrechte durch die Regierung protestieren. Und sie tun es friedlich! Betend!"
Kardinal Dziwisz, welcher seine Zeit an der Seite des Papstes verbrachte, beschreibt in seinem Buch "Zeugnis": "Ich kann
mich erinnern, dass der Heilige Vater frei atmete. Er war nicht nur sehr
erfreut ueber den positiven Effekt der Verhandlungen zwischen der kommunistischen Regierung und Solidarność des Runden Tischs aber auch weil sie es auf dem
friedlichen Weg erreichten, ohne Blutvergiessen. Er bewunderte die bewusste Art in der die
Arbeiter, ihrer Rechte und Macht diesen Kampf fuer Freiheit
fuehrten.
Siehe auch - Neue Woerter
Siehe auch - Neue Woerter
Destabilisierungsversuch
Es ist also kein Wunder, dass der Papst sich Feinde schuf. Ali
Agca, ein tuerkischer Terrorist, schoss am 13. Mai 1981 auf den Papst.
Agata Stachowiak nahm an jenen Nachmittag am Russischunterricht an der Wirtschaftsuniversitaet
in Poznan teil. Der Lehrer erhielt ploetzlich einen Telefonanruf, starrte
geschockt auf die Studenten und erzaehlte ihnen vom Attentatsversuch auf den
Papst. Alle, inklusive des Lehrers, verliessen sofort die Universitaet und
eilten zur naechsten Kirche. Das riesige Dominikanerkloster war bereits
ueberfuellt, erinnert sie sich.
Am 13. Dezember 1981 versuchten die von General Wojciech Jaruzelski angefuehrten polnischen Kommunisten den Demokratisierungsprozess zu beenden, inden sie das Kriegsrecht
einfuehrten und Solidarność gesetzlich verboten. In der Folge fuehrten Ronald Reagan's Wirtschaftssanktionen
gegen Polen zum Zerfall der polnischen Wirtschaft. Und die West-Ost Beziehungen
waren aufgrund des US Militaerprogramms Star Wars angespannt.
Aber dann entschied sich der Kremlin einen jungen Apparatchik als
ersten Sekretaer nach Vorne zu draengen. Mikhail Gorbachev verkuendete "Glasnost" und "Perestroika". Einige sahen bereits gruenes
Licht fuer zukuenftige Entwicklungen.
Am Ende der achtizger Jahre war die polnische Wirtschaft in einer
so schlechten Lage, dass sich die Regierung dafuer entschied, die
Opposition um Unterstuetzung fuer Reformen zu bitten. Solidarność wurde wieder gesetzlich erlaubt
und deren Chef Lech Walesa wurde wiederum eine willkommene Person.
Aleksander Kwasniewski, der fruehere polnische Praesident, ist
ueberzeugt, dass der "Polnische Runde Tisch" vom Fruehling 1989
"fabelhaft" war. Kwasniewski nahm daran teil, als
die Vertreter der kommunistischen Regierung mit den Vertretern von
Solidarność ueber politische Veraenderungen verhandelten.
Punkt ohne Wiederkehr
In einem Interview mit EurActiv.pl, sagt Kwasniewski, welcher zu
jenem Zeitpunkt noch immer in der Regierung war: "Ich weiss nicht welche
groessere Worte ich gebrauchen koennte, um zu beschreiben, was damals in Polen
geschah. Voila, das ist Polen, der Weltmeister in niedergeschlagenen Revolutionen
und Aufstaenden, welches eine friedliche Umwandlung eines undemokratischen
Systems in ein demokratisches ausfuehrte. Das war keine Revolution, kein
Aufstand, dafuer aber Gespraeche und eine erfolgreiche Transformation. "
Das direkte Resultat des "Runden Tisches" war die
halbdemokratische Wahl vom 4. Juni 1989, als Solidarność alle moeglichen Sitze
im Parlament gewann. Es war der letzte Aufruf fuer die polnischen Kommunisten
um zu realisieren, dass es keine Rueckkehr zu ihrem Ein-Parteien Regime
gab.
Bereits im November 1989 war sie auf dem Weg, um die ganze Herrschaft zu gewinnen. Der fruehere Solidarność Aktivist und damalige
Ministerpraesident Tadeusz Mazowiecki hiess den deutschen Kanzler Helmut Kohl
waehrend seines Besuches in Polen willkommen. Er begleitete Kohl zum
Flughafen, als dieser dringend nach Berlin zurueckgerufen wurde, da die ersten
Ziegel aus der Berliner Mauer entfernt wurden.
Maria Graczyk
* JP2 - Johannes Paul II
Johannes Paul II gilt als eine der einflussreichsten Personen des 20. Jahrhunderts. Es ist weitgehend annerkannt, dass er am Ende des Kommunismus in seinem Heimatland Polen, und spaeter in Europa beteiligt war.
Geboren als Karol Jozef Wojtyla, diente Johannes Paul
II waehrend 27 Jahre als Pontifex des Vatikans, es war das
zweitlaengste Pontifikat in der Geschichte. Johannes Paul II war der einzige polnische und der erste nichtitalienische Papst seit 1520. Er war ein Polyglot
und einer der meistgereisten Fuehrer in der Weltgeschichte, 129 Laender hat er
waehrend seines Pontifikates besucht. 1984 begann er die Weltjugendtag-Tradition.
Siehe auch - Generation Papst
Siehe auch - Generation Papst
* Weltjugendtage
Im Jahre 1984, am Ende des Heiligen Jahres der Erloesung, folgten
mehr als 300 000 Jugendliche aus aller Welt der Einladung von Johannes Paul II
zu einer Internationalen Jubelfeier der Jugendlichen am Palmsonntag auf dem St.
Petersplatz - erinnert sich Worldyouthday.com. Auf die Massen, welche seiner
Einladung folgten, blickend sagte er: "Was fuer ein fantastisches
Spektakel praesentiert sich an Eurer heutigen Versammlung! Wer sagte, dass die
heutigen Jugendlichen den Sinn der Werte verloren haben? Ist es wirklich wahr,
dass man nicht auf sie zaehlen kann? Es war an dieser Versammlung, als
der heilige Vater den Jugendlichen das heute bekannte Weltjugendtagskreuz
uebergab, es soll weltweit als Symbol des die Liebe Christus fuer die
Menschheit dienen. Am folgenden Palmsonntag, zeitgleich mit dem Weltjugendtag
der UNO, nahm unser Vater die Gelegenheit wahr, um die Jugendlichen wiederum in
Rom willkommen zu heissen. Spaeter wurde die Gruendung der Institution des
Weltjugendtages am 20. Dezember 1985 angekuendet und der erste Weltjugendtag im
Jahr 1986 durchgefuehrt. Der Weltjugendtag wird zum ersten Mal in Krakau, Polen
durchgefuehrt, vom 25.-31. Juli 2016.
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